Er war Pazifist und Humanist, kämpfte für Verständigung und glaubte an den Dialog zwischen Israelis und Palästinensern – am 31. März 2002 kommt der Israeli Dov Chernobroda bei einem Selbstmordattentat in Haifa ums Leben. Der 24-jährige Palästinenser Shadi Tobassi aus dem Westjordanland sprengt sich in dem arabischen Restaurant in die Luft, in dem Dov gerade zu Mittag isst.
Warum geht ein junger Mann morgens aus dem Haus wie an jedem anderen Tag, sagt, er käme nicht so spät zurück von der Arbeit und zündet ein paar Stunden später den Sprengstoffgürtel unter seinem Shirt? Acht Jahre nach dem Attentat versuchen die zwei jungen Regisseurinnen Stephanie Bürger und Jule Ott zu verstehen, was unvorstellbar scheint. Wie leben die Menschen in diesem Konflikt? Was weiß der eine von den Tragödien des anderen?
Die beiden Filmemacherinnnen treffen die Israelin Yaël Chernobroda, Dovs Witwe. Dov hat an die Möglichkeit der Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern geglaubt. Wofür er Zeit seines Lebens eingestanden ist, das möchte Yaël acht Jahre nach seinem Tod fortsetzen: Sie bringt den Mut auf, die Familie des Attentäters in den besetzten Gebieten zu besuchen. Die Familie Tobassi traut sich, die Israelin in ihr Wohnzimmer nach Jenin einzuladen. Der Film erzählt die schrittweise Annäherung beider Familien, die – getrennt durch eine Mauer und zahlreiche Checkpoints – das gleiche Schicksal teilen: Sie müssen ein Leben nach dem 31. März 2002 führen, nach dem Tod, nach dem Schock, nach der Stille.
Ob die Familie etwas geahnt habe, fragen wir Zakaria Tobassi, den Vater des Attentäters. Zwei junge Filmemacherinnen, unerfahren – im Filmemachen und gegenüber der arabischen Kultur. Der Vater rät uns freundlich Kopftücher zu tragen, wenn wir in den Himmel kommen möchten. Wir nicken und möchten wissen, ob er seinem Sohn etwas angemerkt habe. Habe er nicht, beteuert der religiöse Mann. Ein paar Tage später nimmt uns unser palästinensischer Produzent Fakhri Hamad zur Seite: „Ihr habt ihn tatsächlich gefragt, ob er etwas wusste? Wisst ihr nicht, welche Konsequenzen das für die ganze Familie haben könnte? Solche Fragen wecken Misstrauen. Ihr könntet vom Mossad sein.“ Irgendwann fragen wir gar nicht mehr danach. Wir wollen nicht erklären, warum Shadi sich und 15 weitere Menschen umgebracht hat. Es soll ein Film werden, der Einblick in die Gefühlswelt der Hinterbliebenen gibt. Wir wollen davon erzählen, was aus den Angehörigen geworden ist und was die Toten ihnen hinterlassen haben. Dov, der israelische Architekt und Friedensaktivist, der von einem Splitter tödlich am Hinterkopf getroffen wurde, hat eine Idee zurückgelassen: Es kann keinen Frieden geben, wenn die Feinde nicht miteinander sprechen.